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Stadt Offenbach

Geschichte des Capitols

Im Capitol werden Stars gefeiert und Strategien verkündet, Menschen motiviert, Ideen präsentiert und Held*innen der Zeit beklatscht. Jedes Mal ist ein kleines Stück Geschichte zu erleben. Das hat Tradition im Haus, wenn auch in anderer Ausprägung: Die Kulturstätte war ursprünglich ein Zentrum der Besinnung und der Religion – eine Synagoge.

1912: Das Gebäude entsteht

Auf Initiative des Vorstehers der Jüdischen Gemeinde, Dr. Max Goldschmidt, und des Kunstsachverständigen Siegfried Guggenheim wurde 1913 mit dem Bau der neuen Synagoge begonnen. Das Gebäude entstand bis 1916 nach den Plänen der Offenbacher Architekten Fritz Schwarz und Karl Wagner. Anders als es hierzulande lange Zeit im Synagogenbau üblich war, orientiert sich die Architektur der Offenbacher Synagoge nicht am neo-romanischen oder orientalischen Stil, sondern an der griechisch-römischen Antike. Vorbild für die Raumfolge war der Zweite Jerusalemer Tempel.

Sein auffälligstes Merkmal erhebt sich in der Mitte des Komplexes: der 30 Meter hohe Kuppelbau, flankiert von zwei turmartigen Vorsprüngen, die den Übergang zu den niedrigeren Seitenflügeln bilden. Die Fassade besteht aus Muschelkalkstein; Dächer und Kuppeln waren früher mit Holzziegeln gedeckt. Farbige Fenster und ein Rundfenster in der Kuppel erhellten den Innenraum mit Tageslicht. Der Zugang zur Synagoge erfolgte durch die im Westflügel gelegene Säulenhalle.

Die im April 1916 geweihte Synagoge wurde zu einem Zentrum des deutschen Judentums. Bei der Einweihung sprach Gemeinde-Vorsteher Goldschmidt von "geistigen und kulturellen Ansprüchen, die über die Mauern der alten Synagoge hinausströmen und neue Räume verlangen, die aber dem Geiste der Neuzeit entsprechen", und er sagte: "Wir haben einen Platz an der Sonne erobert, und diesen wollen wir behaupten". Eine Vielzahl kultureller Aktivitäten erfüllten die Synagoge und ihren Festsaal im oberen Geschoss mit Leben - zum Beispiel Konzerte, Theateraufführungen und öffentliche Vorträge.

1938: Feuer zerstört das Inventar

Die Synagoge stand nicht nur für die Emanzipation der Juden, sie war auch ein Symbol der Vertreibung der Offenbacher Juden und der Vernichtung der Gemeinde. Schon vor der Machtübernahme im Deutschen Reich hatten Offenbachs Nationalsozialisten das Gebäude als geeignet befunden, um darin ein Theater einzurichten. In der Progromnacht des 9/10. November 1938 wurde die Synagoge geschändet – das gelegte Feuer zerstörte Inneneinrichtung, Thoraschrein, Rabbinerzimmer und Bibliothek – , die Gebäudehülle aber blieb unversehrt. Im Dezember 1938 sah sich der Gemeindevorstand gezwungen, das Haus weit unter Wert an die Kinobetreiber Ruttmann zu verkaufen.

1940: Das "National-Theater" zieht ein

Georg Ruttmann verlegte sein "National-Theater" in die Synagoge: Sie wurde zum "repräsentativsten Premieren-Kino Offenbachs". Die Stadt hatte ein Nutzungsrecht des Gebäudes an zwei Tagen in der Woche und an jedem Sonntagvormittag gesichert. Dies bot die Gelegenheit, hier ein "Stadttheater Offenbach" zu gründen - und die Presse titulierte: "Offenbach erhält ein neues Film- und Theaterhaus." Das "National-Theater" wurde zudem für Kundgebungen und HJ-Feiern genutzt. Alles weist darauf hin, dass die Zweckentfremdung der Synagoge von den Nationalsozialisten lange geplant und vorbereitet war.

Die Bombenangriffe auf Offenbach hatte das Haus zwar ohne wesentliche Beschädigungen überstanden, doch die Juden, die im Sommer 1945 eine neue Jüdische Gemeinde gründeten, waren zu wenige, um die geschändete große Kuppelsynagoge instand setzen zu lassen und dauerhaft zu unterhalten. Zudem befand sich das Gebäude nicht im Besitz der neuen Gemeinde. Der 1948 gegründete internationale Treuhandverband „Jewish Restitution Successor Organization“ (JIRSO) hatte es 1951 von der sogenannten Widerspruchskammer zugesprochen bekommen. In der Obhut dieses Verbandes befanden sich seinerzeit Liegenschaften und Besitz von jüdischen Gemeinden, die von den Nazis zerschlagen worden waren, so auch in Offenbach. Nach langwierigen Verhandlungen verkaufte die JRSO gegen Mitte der 1950er Jahre das ehemalige Synagogengebäude und Gemeindehaus mit Zustimmung der neuen Jüdischen Gemeinde an die Stadt Offenbach - unter der Maßgabe, das Haus für kulturelle Zwecke zu nutzen.  

1954 bis 1996: vom Stadttheater zur „Tommy-Stadt“

Die Offenbacher liebten ihr Theater, zu dessen Ausgestaltung sie 1954 auch mit einer „Theater-Tombola“ beigetragen hatten. Überwiegend wurden Opern, Operetten und Schauspiele aus Gießen und Heidelberg aufgeführt. Doch als das Haus in die Jahre kam, wuchs es zu einer Last für die öffentliche Kasse heran. Der Spielbetrieb war nur noch eingeschränkt möglich. 1995 schien die Lösung gefunden: Das marode Theater wurde in ein Musicalhaus mit 1.125 Plätzen verwandelt, ohne den ursprünglichen Charme zu zerstören.

Um dem kulturellen Auftrag gerecht zu werden, hatte sich die Peter Rieger Theater GmbH in Absprache mit der Jüdischen Gemeinde zu Offenbach und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinde Hessen zum Ziel gesetzt, das Theater an der Goethestraße zur Bühne mit gehobenen Unterhaltungswert wieder zu erwecken. 13 Monate lang, bis zum Juni 1996, zog das Musical „Tommy“ von The Who viele Zuschauer aus einem weiten Umkreis an. Doch gerade als sich Offenbachs Ruf als „Tommy-Stadt“ verbreitet hatte, schlitterte das Unternehmen in die Insolvenz.

1998: Das Capitol öffnet seine Pforten

Nach der millionenschweren Musical-Pleite stand der Prachtbau zwei Jahre leer, bis das Haus 1998 von der "Entertainment Center Rhein-Main GmbH" übernommen wurde und als Multifunktionshaus Capitol seine Pforten öffnete. Überall taucht eine stilisierte weibliche Figur als Erkennungsmerkmal auf, die an die Emilie von Rolls Royce und Hollywoods Filmtrophäe, den Oscar, erinnert. Nach dem vier Millionen Mark teuren Umbau des Pariser Architekten Jean Pierre Heim bietet der Aufführungsraum nun eine moderne Sound- und Lichttechnik.

Seit 2002: Top-Location im Rhein-Main-Gebiet

Die E.C.O. Event Center GmbH Offenbach übernahm als Betreibergesellschaft 2002 die Geschäfte des Capitol Theaters und entwickelte es zur Top-Location für Unternehmen, Verbände und zum Treffpunkt für Fans, Comedystars, Musiker und Künstler. Das engagierte Team unter Leitung von Geschäftsführerin Birgit von Hellborn organisiert seitdem vom kleinen, privaten Sektempfang bis zum erlebnisreichen Groß-Event Veranstaltungen für bis zu 1.800 Personen. Mit Erfolg: Die Auslastung wächst.

2005 wurde das Capitol zum Stammhaus der Neuen Philharmonie Frankfurt: Das Sinfonieorchester führte hier seit 2006 auch seine Capitol Classic Lounge auf. Die Verbundenheit zur Heimspielstätte ist seit 2019 schon vom Namen her noch deutlicher zu spüren: Nun musiziert hier, mit ein paar personellen Änderungen, das Capitol Symphonie Orchester (CSO). Im Jahr 2015 haben sich die Verantwortlichen entschieden, den schönen Namen des Hauses auch in ihrer Firmierung zu tragen. Seitdem heißt die GmbH „Capitol Theater GmbH Offenbach“. Die Gesellschaft, die auch die Stadthalle betreut, gehört zum Geschäftsfeld Veranstaltungen der Stadtwerke Offenbach.

Informationen mit freundlicher Unterstützung aus dem Stadtarchiv Offenbach.

Mehr Infos:

  • 21.08.2023 Capitol

    25 Jahre Capitol Theater: ein Blick auf die Historie

    Das heutige Multifunktionshaus wurde von 1913 bis 1916 als Synagoge für die Israelitische Religionsgemeinde Offenbach errichtet und galt damals als neues Zentrum des deutschen Judentums.
  • Über uns

    Einweihung der Synagoge vor 100 Jahren

    Das Archiv im Haus der Stadtgeschichte zeigte im vergangenen Jahr die Bedeutung der Synagoge für die Jüdische Gemeinde, Besonderheiten und die wechselvolle Geschichte des Gebäudes.
  • Capitol

    Bildergalerie: 100 Jahre Synagoge

    2016 entstand ein Jubiläumskalender zum 100. Jahrestag der Eröffnung der Synagoge in der Offenbacher Goethestraße. Zu diesem Anlass zeigen wir hier seine Motive. Quelle ist das Archiv im Haus der Stadtgeschichte in Offenbach.

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